Mangel an PrEP- und HIV-Medikament: Senat muss Druck machen!

Ein Mangel an HIV- und HIV-Prophylaxe-Medikamenten gefährdet aktuell die Gesundheit tausender Menschen auch in Berlin. Hierzu erklärt der queerpolitische Sprecher Klaus Lederer:

„Die frühzeitigen Warnungen von Ärzt*innen und Apotheker*innen vor einem Versorgungsengpass beim wichtigen HIV- und PrEP-Medikament mit der Wirkstoffkombination Emtricitabin plus Tenofovirdisoproxil sind von den zuständigen Stellen auf Bundesebene lange nicht ernst genommen worden. Das ist ein gravierendes Versäumnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Jetzt befinden wir uns in einer höchst kritischen Situation, in der die Versorgung tausender PrEP-Nutzer*innen mit ihrem HIV-Prophylaxe-Medikament sowie Therapien HIV-positiver Menschen, die mit diesem Medikament behandelt werden, in Gefahr sind. Auch die wichtige Postexpositionsprophylaxe (PEP), die nach einem Kontakt mit einem HIV-Infektionsrisiko vor einer HIV-Übertragung schützen kann, ist durch den aktuellen Engpass gefährdet.

Auch in Berlin mussten bereits HIV-Therapien umgestellt werden, was allerdings nicht bei allen Patient*innen möglich ist. PrEP-Nutzer*innen mussten ihre HIV-Prophylaxe unterbrechen, weil ihr Medikament in vielen Apotheken nicht mehr erhältlich ist. Die Aidshilfen und Verbände von HIV-kompetenten Ärzt*innen und Apotheker*innen warnen zu Recht vor massiven Schäden und einem drohenden Anstieg von HIV-Neuinfektionen. Derzeit ist zu erwarten, dass die akute Mangelsituation bis mindestens März anhält; bis wieder die gewohnte Versorgung aller PrEP-Nutzer*innen gewährleistet werden kann, könnte es sogar noch deutlich länger dauern.

Dabei könnte eine Klärung der Kostenübernahme bei Abgabe des Originalpräparats für schnelle Linderung im aktuellen Versorgungsengpass sorgen. Dieses wäre absehbar in höherer Stückzahl verfügbar, Apotheken zögern jedoch bei der Bestellung, weil sie befürchten müssen, auf hohen Kosten sitzen zu bleiben, die nicht von den Krankenkassen übernommen werden.

Angesichts dieser drastischen Lage darf der Berliner Senat nicht länger zusehen. Bisher begnügt sich die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege mit dem Verweis auf die primäre Zuständigkeit des Bundes. Doch Berlin ist besonders massiv betroffen, hier lebt rund ein Drittel aller PreP-Nutzer*innen in Deutschland.

Wir fordern: Berlin muss sich jetzt entschieden für politische Lösungen einsetzen. Der Senat muss Druck auf den Bund und die Krankenkassen machen. Mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen müssen belastbare Regelungen gefunden werden, die für die Dauer des Engpasses Sicherheit hinsichtlich der Übernahme der Kosten beim Import von Medikamenten und zur Erstattung des Originalpräparats bieten. Die Schäden und Folgekosten, die ein Anstieg der HIV-Neuinfektionen verursachen würde, wären um ein Vielfaches höher als die Beträge, die nötig sind, um jetzt die Versorgung mit Ersatzprodukten sicherzustellen. Es darf nicht sein, dass die Therapie von HIV-Patient*innen oder etwa die Postexpositionsprophylaxe für Risikokontakten an finanziellen Erwägungen der Krankenkassen zu scheitern droht. Die Erfolge, die Berlin als „Fast Track City“ im Einsatz gegen die Ausbreitung von HIV/Aids erzielt hat, dürfen jetzt nicht aufs Spiel gesetzt werden!“