Schließung des SchwuZ – ein unermesslicher Verlust, ein Weckruf

Zur Schließung des SchwuZ erklärt der queerpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus, Klaus Lederer:


„Die endgültige Schließung des SchwuZ ist ein schwerer Schlag für queeres Leben in unserer Stadt. Hier verschwindet nicht einfach ein Club, sondern ein Stück Berlin, das fast 50 Jahre lang für viele Communities ein Zuhause war, uns Schutz, Miteinander und Sichtbarkeit geboten hat. Im SchwuZ entstand queere Infrastruktur, wie der Buchladen "Prinz Eisenherz" oder das queere Stadtmagazin "Siegessäule". Der erste Berliner CSD ging von dort aus. Dort fanden aber auch die Ratschläge statt, die 2009 in die Verabschiedung der ISV, des bundesweit ersten queeren Landesaktionsplans, im Landesparlament mündete. Diesen herben Verlust zu verstehen und zu verkraften wird uns sicherlich noch einige Zeit kosten. Und er ist kaum zu kompensieren.

Das SchwuZ wurde von der Clubkrise erfasst, hatte auch hausgemachte Probleme, gewiss gab es Managementfehler. Klar ist aber: Queere Infrastrukturen stehen unter massivem ökonomischen und gesellschaftlichen Druck. Sie müssen auch sich selbst verändern, um heutzutage ökonomisch stabil und dennoch in den Communities verwurzelt existieren zu können. Dazu braucht es aber - vor allem, wenn nicht die ausgetretenen Pfade einer Kommerzialisierung beschritten werden sollen - Zeit, die unter dem Druck eines laufenden Insolvenzverfahrens nicht gegeben ist. Die Spendenbereitschaft zur Rettung des SchwuZ zeigte aber auch: Viele in den Communities wissen, dass Zusammenhalt Räume in der Stadt braucht und nicht nur online organisiert werden kann. Es ist an uns, das zu verstehen und danach zu handeln. Der Wind für uns wird rauer. Mit Rückzug und Vereinzelung werden wir dem nicht begegnen können, mit neuen Formen der Selbstorganisation und der Übernahme von Verantwortung füreinander und für andere möglicherweise schon.

Das Ende des SchwuZ ist auch ein Weckruf für die Landespolitik. Beim Senat herrscht weiterhin business as usual, ja, teils sogar Gleichgültigkeit und Ablehnung gegenüber queeren Belangen. Ein echtes Bemühen des Senats zur Unterstützung der SchwuZ-Rettung war nicht erkennbar. Man schneidet Regenbogenkuchen an, hisst Pride-Flaggen und organisiert sich Gala-Events, um die "Regenbogenhauptstadt" und zuallererst sich selbst zu feiern. Da bleibt wenig Zeit zur Reflexion über massiv steigende Queerfeindlichkeit und die - nicht nur ökonomische - Bedrohung von queeren Orten. Was mit der Phrase "Regenbogenhauptstadt" bezeichnet wird, verschwindet gerade sukzessive. Trotz aller auch hausgemachter Probleme: Als Senat von Berlin darf man einen solch bedeutenden Ort nicht einfach sehenden Auges sterben lassen.

Berlin braucht dringend eine Strategie für Unterstützung, Sicherung und Erhalt queerer Infrastruktur. Angefangen von Raumsicherung in öffentlichen Immobilien über geeignete Förderinstrumente für die queere Kultur "von unten" bis hin zu niedrigschwelliger, sowohl finanzieller als auch politischer Hilfe im Krisenfall, um die Neuausrichtung von durch die veränderten Bedingungen in ökonomische Schieflage geratene queere Institutionen in ihrem Prozess der Selbstveränderung zu unterstützen und zu ermöglichen. Wann, wenn nicht endlich jetzt?“